Montag, 20. Oktober 2008

Komplikationen beim Arschgeweih


Ob ein Ring in der Nase oder das berühmte "Arschgeweih" - über den ästhetischen Wert von Piercings und Tätowierungen lässt sich streiten. Fest steht, dass es sich nicht um einen medizinisch notwendigen Eingriff handelt. Deshalb können gesetzlich Versicherte neuerdings zur Kasse gebeten werden, wenn durch Komplikationen Folgekosten in einer Arztpraxis entstehen.

Seitdem, so heißt es im Gesetzestext, hat die jeweilige Krankenkasse "die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen", wenn die Krankheit durch eine Tätowierung oder ein Piercing entstanden ist. Dass die Neuregelung zu einem Aussterben von Tattoo- und Piercingstudios führt, ist aber offenbar nicht zu erwarten. "Komplikationen beim Stechen von Tätowierungen oder Piercings treten bislang relativ selten auf. Und wenn doch, sind die Behandlungskosten in Bezug auf infizierte Piercings in der Regel nicht sehr hoch, anders sieht das jedoch bei Tätowierungen aus", sagt Andreas Jesper, Hautarzt und stellvertretender Landesvorsitzender Westfalen-Lippe des Berufsverbands Deutscher Dermatologen.
Andy Schmidt, Vizevorsitzender des Vereins "Deutschlands Organisierte Tätowierer", hält die Diskussion über die Gefährlichkeit von Körperschmuck für "hochstilisiert". Bei einer Tätowierung handele es sich um einen harmlosen subkutanen Eingriff, also direkt unter der Haut. "Wenn Sie sich am Dorn einer Rose im Garten pieksen, ist die Verletzung schon tiefer", sagt Schmidt. Schon allein deshalb seien Komplikationen beim Aufbringen von Tattoos sehr selten.
Verharmlosen dürfe man die Tattoos aber auch nicht, sagt Hautarzt Jesper. So enthielten manche verwendete Farben Schwermetalle, über deren Langzeiteffekte nichts bekannt sei. Enthaltene Azofarbstoffe stünden im Verdacht, krebserregend zu sein. "Das wird von den Herstellern aber nicht deklariert", bemängelt Jesper. Insbesondere die Langzeiteffekte seien nicht zu unterschätzen. So träten beispielsweise durch Sonneneinfluss chemische Reaktionen in den Farbstoffen des Pigmentes auf, die zu Störungen des Immunsystems führen könnten.
Beim Piercing handele es sich um nichts anderes als eine "Körperverletzung". Dabei gebe es empfindliche und weniger empfindliche Körperstellen: "Rund um die Augenbrauen, im Intimbereich oder auf der Zunge ist das Risiko einer Gefäß- oder Nervenverletzung sehr groß", sagt der Mediziner. Risikoärmer seien Piercings im Bindegewebe, wo weniger Nerven durchliefen. Auch könnten Entzündungen auftreten, wenn ein Knorpel durchstochen werde. Knorpelfreie Stellen, Ohrläppchen oder Bauchnabel, seien mit weniger Risiko behaftet.
Grundsätzlich ist beim Körperschmuck ein hohes Maß an Hygiene wichtig, und bestimmte Standards sollte ein Studio diesbezüglich erfüllen, bevor man dort ein Tattoo oder ein Piercing anbringen lässt. Dazu gehören etwa der sterile Umgang mit Nadeln oder die Verwendung ausschließlich geprüfter Farben für die Haut.
Entsprechende Standards bei Tätowierungen erfülle der Verein "Deutschlands Organisierte Tätowierer", versichert Vorstandsmitglied Andy Schmidt. Und man könne von der Seriosität eines Studios ausgehen, wenn es Mitglied in dem Tatöwiererverein (Internet: dot-ev.de) sei. Bei den Piercern derweil gibt es die "Erste Organisation Professioneller Piercer" (Internet: opp-ev.de), die für ihre Mitglieder ebenfalls bestimmte Hygiene- und Materialvorschriften für ihr Handwerk garantiert.
Tritt doch eine Entzündung auf, kann der Ring oder Stecker immerhin einfach wieder herausgenommen werden. "Gegebenenfalls sind zusätzlich Antibiotika nötig", fügt Jesper hinzu. Aber selbst wenn dies dem Patienten vom Arzt privat in Rechnung gestellt werde - die Kosten hielten sich in Grenzen. Bei Tätowierungen sieht dies schon anders aus - die lassen sich nicht so einfach entfernen, wenn es doch einmal Probleme geben sollte. Selten, aber möglich sind etwa allergische Reaktionen. Dann hilft laut Jesper unter Umständen nur, das Tattoo wieder aus der Haut rauszuschneiden.
Besonders aufwendig und teuer wird es, wenn ein Tattoo nach ein paar Jahren nicht mehr gefällt oder unansehnlich geworden ist und mit einem Laser entfernt werden soll. Laut Jesper können dann je nach Behandlungsdauer zwischen 1000 und 2000 Euro fällig werden.
(ddp)


Mehr dazu unter: Neurotoday.com

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